In den Nullerjahren propagierten Deutschlands Logistiker selbstbewusst: „Logistik ist nicht alles. Aber ohne Logistik ist alles nichts.“ Jetzt, 20 Jahre später, ist dieses Bonmot aktueller als je zuvor. Denn seien wir ehrlich: An die Folgen, die eintreten, wenn Logistik einmal Pause macht, mag keiner denken. Heutzutage muss alles immer schneller gehen, überall und sofort verfügbar sein. Der österreichische Schriftsteller Peter Glaser hat dieser Beschleunigung im Jahr 2007 einen Namen gegeben: Sofortness.
Es geht nicht mehr schneller als sofort. Für Logistiker ist Sofortness der Ausdruck dafür, dass sie zu jeder Zeit keine Zeit mehr haben – Echtzeit nennt sich das im Internet. Für Ihre Kunden ist das äußert bequem. Für Sie als Unternehmen dagegen stellt das eine immense Herausforderung dar, denn Liefer- und Wertschöpfungsketten sind mittlerweile mehr als komplex. Doch um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmer auf das moderne Konsumverhalten agil reagieren können: Kurze Lieferfristen, hundertprozentige Liefertreue und unternehmerische Resilienz sind zu entscheidenden Differenzierungsmerkmalen geworden. Um diese Komplexität beherrschen zu können, ist eine Transportlogistik erforderlich, die Sie darin unterstützt, schnell, agil und flexibel auf die an Sie gerichteten Anforderungen reagieren zu können. Abhilfe kann hier die Transportlogistik 4.0 schaffen.
In einer aus dem Jahr 2017 stammenden Studie „Transportlogistik 4.0“ definiert das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen (IIS) den Begriff wie folgt:
„Unter Transportlogistik 4.0 verstehen wir – in Anlehnung an den Begriff ,Industrie 4.0ʻ – die Anwendung der Prinzipien cyber-physischer Systeme zur verbesserten Steuerung, Selbstorganisation und Optimierung von überbetrieblichen Transporten. Mithilfe moderner Technologien werden bei Be- und Entladung sowie aus der Anbahnung und Beauftragung des Transportprozesses Daten erfasst und ausgewertet. Darauf basierend kann ein zeitnahes, digitales Abbild hergestellt werden, um anschließend durch die Verknüpfung mit weiteren Informationen aus IT-Systemen, Kamerasystemen oder Sensoren einerseits Maßnahmen zur unternehmensübergreifenden Effizienzsteigerung der Netze in Echtzeit wie auch selbststeuernde Teilsysteme aufzubauen bis hin zur automatischen Transportabwicklung und -abrechnung. Ziel der Transportlogistik 4.0 ist eine effiziente, dezentral organisierte, flexible und agile Transportabwicklung.“
Ob Prozesse rund um den Transport von Gütern oder physische Assets, die im Transportprozess zum Einsatz kommen: Die Bedeutung der Transportlogistik 4.0 für Unternehmen ist vielschichtig. Vor allem die bessere Verfügbarkeit der Wagenflotte dürfte für Transportunternehmer ein wichtiger Faktor in der Transportlogistik 4.0 sein. Ein entscheidender Hebel dabei ist die Transformation einer reaktiven und fristbasierten Instandhaltungsplanung, -steuerung sowie -durchführung hin zu einer intelligenten präventiven Instandhaltung auf Basis prädiktiver Erkenntnisse. Der englische Begriff dafür heißt Smart Predictive Maintenance.
Einer, der sich damit bestens auskennt, ist Alexander Frigo, der bei A1 Digital das Thema Vertical Market Solutions and Digital Services verantwortet. Zusammen mit seinem Team entwickelt der 33-Jährige digitale Lösungen für Logistikunternehmer, etwa für deren Asset-Management. Fragt man ihn, wie Digitalisierung bei der Instandhaltung eines Lkw-Fuhrparks helfen kann, Abläufe zu verbessern, effizienter zu planen und die Fahrzeugflotte besser verfügbar zu machen, ist seine Antwort eindeutig: „Ein entscheidender Ansatzhebel dafür ist Smart Predictive Maintenance.“ Dahinter verbirgt sich die Transformation von unplanbaren Lkw-Ausfällen hin zu präventiven Instandhaltungsarbeiten auf Basis automatisch generierter Zustandsanalysen im laufenden Betrieb. „Transportunternehmer können so ihre gesamte Flotte besser überwachen und quasi vorausschauend erkennen, ob, wann und in welchem Umfang sich Wartungsbedarf bei ihren Fahrzeugen abzeichnet.“
Ein spannender Treiber bei der Prozessdigitalisierung von Lkw-Flotten hin zur Transportlogistik 4.0 ist das Thema Asset Intelligence. Hier geht es darum, dass Sensoren permanent Daten über den Zustand eines Lkws senden, beispielsweise über seinen Beladungszustand, die Temperatur im Inneren des Laderaums oder seinen Standort. Die erhobenen Daten laufen anschließend auf einer Cloud-Plattform zusammen. Alexander Frigo: „Dadurch können die gewonnenen Live-Daten jedes einzelnen Lkws live analysiert werden. Das ermöglicht es dem Fuhrunternehmer, detaillierte Diagnosen über die Leistungsfähigkeit seiner Fahrzeuge bzw. ihrer Komponenten zu erstellen und so seine operativen Prozesse zu optimieren und die Kosten dafür zu reduzieren.“
Zahlreiche Logistiker setzen bei ihrer Digitalisierungsstrategie bereits auf die Vernetzung von Anlagedaten mit durch Sensoren erhobenen Fahrzeugdaten auf einer Cloud-Plattform. Die Vorteile sind erheblich: Qualität und Geschwindigkeit der Transporte können auf Basis genauer Diagnosen und belastbarer Prognosen deutlich gesteigert werden. Darüber hinaus bietet dieser Schritt den Vorteil, dass die Bündelung von Interessen mit Lieferanten, Lageristen und Endkunden vereinfacht wird, indem Visualisierungen und Auswertungen ausgetauscht werden können. In Zusammenarbeit mit der Industrie wird es mit dieser Methode ebenfalls einfacher, Bestandsanlagen digital anzuschließen und exakte Schnittstellen vorzugeben, um so die Stabilität der gesamten Infrastruktur zu gewährleisten. „Transportlogistik 4.0 bietet viele Vorteile“, so Alexander Frigo. „Sie kann nicht nur die Wartungsstrategie ermitteln, sondern auch ,smartʻ in Ausnahmesituationen eingreifen.“ So kann sie etwa bei konkurrierenden Störmeldungen entscheiden, welcher der Vorrang gegeben werden soll.
Damit so ein Projekt überhaupt machbar ist, sind zwei Kernelemente entscheidend: Digitalisierung und Transformation. „Kernziel bei der Digitalisierung der Transportlogistik ist die Auswahl der richtigen Technologien, um die heute noch weitgehend manuellen Prozesse in vielen Speditionen fit für die Zukunft zu machen. Bei der Transformation steht die Belegschaft im Vordergrund. Hierbei geht es insbesondere darum, jedem einzelnen Mitarbeiter die passende digitale Unterstützung an die Hand zu geben.“ Das strategische Ziel dahinter liegt für Alexander Frigo und sein Team auf der Hand: „Was wir erreichen wollen, ist einerseits eine gesteigerte Verfügbarkeit von Fahrzeugflotten, was einen direkten Einfluss auf die Produktionsqualität und somit die Kundenzufriedenheit hat. Zum anderen sorgen wir dafür, dass die Abläufe entlang der gesamten Supply Chain unserer Kunden automatisiert und noch verlässlicher werden.“